France Prešeren:                   

1800-1849                                          

Übersetzung: Lili Novy                        

Als dein Poet leg ich den Kranz dir nieder,

Den fünfzehn von Sonetten also runden,

Dass sie das Magistrale hält umwunden,
Das dreimal aufklingt und sie eint als Glieder.

Daraus entspringt, darein ergiesst sich wieder
Ein jedes der Sonette, die verbunden
In Ende und in Anfang sich gefunden;
Es gleicht der Dichter seinem Kranz der Lieder:

Aus  e i n e r Liebe quillt mein ganzes Sinnen,
Und wo die Nacht zu ruhen es gezwungen,
Lässt seinen Lauf der Morgen neu beginnen.

Du bist als Magistrale mir erklungen;
Als Kunde, die noch tönt, wenn ich von hinnen,
Nimm hier mein Weh, mit deinem Lob verschlungen.

 

 


Nimm hier mein Weh, mit deinem Lob verschlungen,
Das den Slowenen tönt noch in den Tagen,
Wenn schon mein früher Hügel Moos wird tragen,
So Schmerzen deckend, als Erinnerungen.

Den Mädchen, stolz, wie du, den schönen, jungen,
Wird, wenn sie diese Klänge hören klagen,
Das Herz befreit vom Eisenpanzer schlagen,
Von solcher treuen Liebe ganz bezwungen.

Den Krainern werden sich die Zeiten klären,
Bei günstigerer Sterne Strahl erklungen,
Sich ihnen würdigere Lieder mehren.

Doch mögen diese, die ich dir gesungen,
Vielleicht noch unter ihren neuen währen,
Jedwedes Lied, im Herzen ists entsprungen.

 

 

Jedwedes Lied, im Herzen ists entsprungen,
Aus meiner Leiden Übermass geboren;
Dem Sänger bin ich gleich, der Leonoren
Von Este einst ihr hohes Lob gesungen.

Hat er den Mund zu schweigen auch gezwungen
Von jener Liebe, die er sich erkoren,
An die er Glück und Hoffen hat verloren,
Im Lied ist sie geheim ans Licht gedrungen.

Die Sehnsuchtsflammen meines Herzens steigen,
Senkt auch dein Blick ihm keine Hoffnung nieder,
Macht Furcht vor deinem Unmut auch mich schweigen.

Mein Fühlen schwankt in Qualen hin und wieder,
Verborgenes und Schweres will sich zeigen,
Und feucht erblühn die Blumen meiner Lieder.

 

 

 

 

Und feucht erblühn die Blumen meiner Lieder
Als Zeugen, die Verstecktes offenbarten.
Mein Herz, es ward dem Liebesgott zum Garten,
Dort Elegien auszusäen, entschied er. .

Ihr Licht bist du. Doch ist das Glück dawider,
Dass ich im Fenster dich zu sehn erwarten,
Bei Schauspiel darf, Spaziergang, solcherarten
Von Festen, wo der Tanz beschwingt die Glieder.

Wie oft, von Sehnsucht, dich zu sehn, getrieben,
Durcheilte ich die Gassen auf und nieder,
Doch ist dein Anblick mir versagt geblieben.

In Einsamkeit und nasser Augenlider
Hab ich Gedichte dir zum Lob geschrieben;
Licht scheint, wo sie gedeihn, kaum hie und wieder.

 

 

 

 

Licht scheint, wo sie gedeihn, kaum hie umd wieder;
Wo deine lieben Augen freundlich blicken,
Die Sorgen unter ihrem Strahl ersticken,
Vergessen träufelt auf die Schmerzen nieder,

Wo das sich löst, was, ihrem Glück zuwider,
Die Seele mag an innrem Streit umstricken,
Wo am Gesang die Herzen sich erquicken,
Und Harmonie entquillt dem Klang der Lieder,

Wo, wundersam betaut von reinem Lieben,
Das Edle keimt und spriesst, so reich verschlungen
Und schön, wie nie ein Frühling Laub getrieben,

Von dort sind diese Lieder nicht erklungen,
Der Lenz ist ihrer Blüte fremd geblieben,
Ihr Land war nie von lindem Hauch durchdrungen.

 

 

 

 

 

Ihr Land war nie von lindem Hauch durchdrungen,
Die Ärmsten mussten, Stolze, stets es missen,
Dein Lob, um das zu blühn sie sich beflissen,
Denn sie zu stärken, wäre ihm gelungen.

Sie fürchteten, dass du, dass ihr, die jungen
Sloweninnen, die deutsch zu sprechen wissen,
Missachten würdet, was den Unwirtnissen
Des heimischen Parnasses sich entrungen.

Für unsere Kamönen war da droben
Vergessner Jungfern trübes Los bedungen,
Die Krainer wollten nur die fremden loben.

Was uns an Liederblüten ist entsprungen,
Stand spärlich, wo um Schneegefilde oben
Aus rauhem Fels ist rings ein Wall geschwungen.



 

 

Aus rauhem Fels ist rings ein Wall geschwungen,
Wie dort, wo Orpheus durch Saitentöne
Voreinst des Thrakervolkes rohe Söhne
Um Hemus hat und Rhodope bezwungen.

O, hätten wir vom Himmel Huld errungen,
Dass uns ein Sänger käme, wie für jene,
Dass sich am Lied erweichte der Slowene,
Vom Orpheus der Heimat uns gesungen!

Dass er die Herzen für das Land entzündet,
Dass ohne Widerstreit und Unterschied er
Die Einheit der Slowenenstämme gründet!

Verbrüderten uns also seine Lieder,
Dann freute sich das Land, das Fels umründet,
Peinvollem Frost und Stürmen als Umfrieder.

 

 


Peinvollem Frost und Stürmen als Umfrieder,
So muss der Fels das Land jetzt, Sámo, fassen,
Seit uns dein Geist, das Volk dein Grab verlassen,
Die Stätte für der Winde Klagelieder.

Uns bog der Väter Streit die Schulter nieder,
Sodass wir Pipins Joch als Sklaven hassen;
Seither nur Aufruhr, Erbkampf; Türkenmassen
Durchräuberten das Land uns immer wieder.

Dahin die Zeit voll Glück und Ruhm, die schöne!
Weil nicht geweckt von Taten voller Ehren,
Verstummten auch der Lieder süsse Töne.

Die Blüten, die uns am Parnass noch währen,
Ob auch der Druck der Zeit ihr Wachstum höhne,
Reich nährten Seufzer sie und bittre Zähren.

 

 

Reich nährten Seufzer sie und bittre Zähren,
Die Blumen, die zu künden aufgeschossen,
Dass meine Tränen heiss um dich geflossen,
Um meine Heimat heiss geflossen wären.

Dass der Slowene jene nicht verehren,
Nicht lieben will, der er als Sohn entsprossen,
Dass deine Liebe mir sich nie erschlossen,
Das muss als Bitternis mein Herz beschweren.

Die Sehnsucht, deinen Namen zu erheben,
Zugleich mit meinem, als ein lichtes Zeichen,
Gab solchen Blüten milder Lieder Leben.

Sie keimten, die Slowenen zu erweichen,
Dass wieder schöne Zeiten sich begeben,
Indem sie wachsen, zag empor zu reichen.

 

 

 

 

 

 

 

Indem sie wachsen, zag empor zu reichen,
Sind sie wie Blumen, die im Feber blühen,
Wenn kaum die jungen Strahlen erst erglühen,
Die lächelnd über ihre Stätte streichen.

Doch neigen sie die Köpfchen bald, die bleichen,
Wenn Nordwind Nebel treibt und Schauer sprühen,
Ein Reif, wie Gift, sie deckt, die Allzufrühen,
Und Schnee herabfällt aus den Wolkenreichen.

Dein mildes Bild, von keinem Wort beschrieben,
Dein Blick, sie strahlten, Sonne zu bescheren,
Der Liebe Blüten haben rasch getrieben.

Das Licht entschwand, der Irrtum will sich klären,
Nun sie im harten Frost allein geblieben,
Macht Finsternis sich auf, dem Trieb zu wehren.

 

 

Macht Finsternis sich auf, dem Trieb zu wehren,
Doch in den Tagen allen des Poeten,
In die Verzweiflung, Lebensekel treten,
Um als Erinnyen sie zu verheeren.

Der Seele Ruhe war Orests Begehren,
Diana gab ihm, was er sich erbeten;
So hoffte ich von dir, der Vielumflehten,
Du werdest Heilung meiner Brust gewähren.

Doch hielt ich von den kurzen Träumen keinen,
Mein Hoffen war dem Blitze zu vergleichen,
Der dann die Nacht nur dunkler lässt erscheinen.

Des Herzens Trauer will nun nicht mehr weichen,
Und alle meine Poesien weinen;
Ihr krankes Blühen, sieh, es muss erbleichen.

 

 

Ihr krankes Blühen, sieh, es muss erbleichen,
Wie das der Blumen, die ich oft gesehen
Im Schutt verlassener Gemäuer stehen,
Und freudlos nach dem kargen Lichte reichen.

Ihr Wachstum muss der Nesselhorde weichen,
Und sonst gemeinen Kräutern, die sich blähen;
Ins Beet verpflanzt, wo süsse Lüfte wehen,
Da würden sie den schönen Schwestern gleichen.

So könntest, Herrin, du mein Herz beleben,
Als Sonne, deren Nälhe sie entbehren,
Den Liederblumen Kraft, zu wachsen, geben.

Sei willens, ihren Blütenflor zu mehren,
Lass froh die welken Köpfchen ihn erheben,
Trost lass ihm deiner Augen Strahl gewähren!

 

 

Trost lass ihm deiner Augen Strahl gewähren,
Mich schauen deiner Wangen Morgenröte!
Nur ihr gehorcht mein finstres Reich der Nöte,
Nur sie kann meinen stärksten Stürmen wehren.

Der Sorge Ketten, die mich jetzt beschweren,
Sie fielen ab, wenn so dein Wort geböte;
Der Wunde, tief genug, dass sie mich töte,
Vermag dein Beistand Heilung zu bescheren.

Mein düstres Antlitz wird sich wieder lichten,
Die Nacht des Herzens heitrer Hoffnung weichen,
Der Mund mit süssem Wort davon berichten.

Des Herzens neu beseligten Bereichen
Entspriesst ein ganzer Garten von Gedichten,
Zur Blüte bringt dein Blick, was ohnegleichen.

 

 

 

 

 

 

Zur Blüte bringt dein Blick, was ohnegleichen,
Wie Blumen blühn, wenn Winters Macht gefallen,
Und wenn der Lenz mit seinen Wundern allen
Den Blütenschnee verstreut, den überreichen.

Die Bienen wollen schnell ins Licht entweichen,
Der Hirt lässt früh sein Jauchzen schon erschallen,
Der Busch ertönt vom Lied der Nachtigallen,
Und die Natur durchschauern Freudenzeichen.

Nie hat mein Singen solches Glück gefunden;
Vor Furcht, es käme deinem Wunsch zuwider,
Erbebt mein Herz, ist mir der Mut geschwunden.

Sieh gnädig auf die Blüten meiner Lieder,
Die ich, mein Weh zu kühlen, so gewunden!
Als dein Poet leg ich den Kranz dir nieder.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

A ls dein Poet leg ich den Kranz dir nieder,
N imm hier mein Weh, mit deinem Lob verschlungen;
J edwedes Lied, im Herzen ists entsprungen,
U nd feucht erblühn die Blumen meiner Lieder.

L icht scheint, wo sie gedeihn, kaum hie und wieder;
I hr Land war nie von lindem Hauch durchdrungen,
A us rauhem Fels ist rings ein Wall geschwungen,
P einvollem Frost und Stürmen als Umfrieder.

R eich nährten Seufzer sie und bittre Zähren;
I ndem sie wachsen, zag empor zu reichen,
M acht Finsternis sich auf, dem Trieb zu wehren.

I hr krankes Blühen, sieh, es muss erbleichen!
T rost lass ihm deiner Augen Strahl gewähren,
Z ur Blüte bringt dein Blick, was ohnegleichen.

 

 

 

 

 

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